Das Dülmener Schützenwesen

Zwischen Mai und September ist ein sonntägliche Höhepunkt für viele Dülmener Bürger das Schützenfest ihres Vereines. Nach dem Festmarsch zur Vogelstange versuchen die Schützen, den Vogel mit Kleinkalibergewehr und Schrotbüchse von der Stange zu holen und so für ein Jahr die Königswürde zu erringen.

Im Dülmener Stadtgebiet bestehen zur Zeit achtzehn verschiedene Vereine. Sechzehn von ihnen führen in den Sommermonaten ihr Vogelschießen durch und ermitteln so jährlich ihren König.Das Gros der Dülmener Schützenvereine kann teilweise auf eine mehr oder weniger lange, in einigen Fällen sogar auf eine jahrhundertealte Tradition zurückblicken.

Der Schützenverein Kohvedel e.V. wurde im Jahr 1928 gegründet, feierte aber sein erstes Fest am achten August des folgenden Jahres. Dieser Bericht soll die Geschichte des Dülmener Schützenwesens von den Anfängen im 16.Jahrhundert und über rund 400 Jahre bis in die Gegenwart aufzeigen. Im Jahr 1311 wurde dem Dorf Dülmen das Stadtrecht verliehen. Dülmen wurde in der Folgezeit wie viele andere Orte im Münsterland mit Mauern, Gräben und Stadttoren ausgebaut.

Das mittelalterliche Stadtbild Dülmens in der Zeit um 1646 nach einem Stich aus dem Werk „Topographica“ des Verlegers und Künstlers Matthias Merian des Älteren.

Das mittelalterliche Stadtbild Dülmens in der Zeit um 1646 nach einem Stich aus dem Werk „Topographica“ des Verlegers und Künstlers Matthias Merian des Älteren.

Überbleibsel dieser Befestigungsanlagen, wie das Lüdinghauser Tor als befestigtes Wahrzeichen der Stadt, der Lorenken- und der Nonnenturm sind allen Dülmenern wohlbekannt. Im Vorland der Stadt gab es Wälle und Landwehren. Dieser Schutz vor feindlichen Überfällen war im Spätmittelalter höchst notwendig.
Das Mauerrecht und das Marktrecht machten das damalige Dülmen wirtschaftlich und

Modell der Stadt Dülmen zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges ( 1618 – 1648 ) Gut zu erkennen sind die Tor-und Wallanlagen der Stadt

militärisch selbständig. Ein jeder Bürger der Stadt war verpflichtet, zum Schutz des Ortes mit seinem Leben und Besitz einzustehen. Um den ständigen Bedrohungen gegenübertreten zu können, gründeten sich im 15. Jahrundert bereits Straßen- und Verteidigungsgemeinschaften. Ihr Ziel war der Schutz von Stadt und Umland Dülmens.

Die Tore und Wallanlagen der Stadt wurden von Bürgern besetzt. Ständig versahen Pförtner den Wachdienst an den Toren, die von abends neun Uhr bis morgens fünf Uhr geschlossen blieben.

Innerhalb der Stadtmauern übten zwei Nachtwächter ihren Dienst aus. In gefährlichen Zeiten war ein jeder Bürger zudem unter Strafandrohung zum Wachdienst auf den Befestigungen verpflichtet. Beim Läuten der Sturmglocke der Viktorkirche hatten sich alle Bürger auf ihrem Posten an den Mauern und Türmen einzufinden.

Darstellung bewaffneter Bauern im 16. Jahrhundert

Zur damaligen Zeit hatte ein jeder Bürger persönlich für seine Ausrüstung zu sorgen, und zwar so, wie es sein Geldbeutel erlaubte. Wohlhabende zogen mit Armbrust oder frühen Feuerwaffen in den Kampf; weniger begüterte Bürger konnten sich nur mit einem Spieß oder anderen preiswerteren Waffen ausrüsten.

Aus dieser Zeit stammt der damals verächtlich gemeinte Begriff des „Spießbürgers“, geprägt hat diesen Namen wohl die im 15.Jahrundert niedergehende Ritterschaft des fürstbischöflichen Landesherren. Wer Waffen zu tragen hatte, sollte sie auch bedienen können.Dieser Umstand galt damals genauso wie heute.

Um mit Spieß und Lunten- oder Radschloßbüchse umgehen zu können, war ein regelmäßiges Üben und Exerzieren notwendig. Für diese Manöver formierten sich entsprechende waffenspezifische Wehrgruppen der Stadt. Das Schützenwesen in Dülmen war geboren.

Verlorene Quellen lassen frühestens für das Jahr 1551 die Existenz von Dülmener Schützen vermuten; 1583 wird die gegründete Dülmener Schützengesellschaft erstmalig genannt.

Sie wählte sich als Schutzpatron den St. Sebastian, der der Legende nach als römischer Legionär den Märtyrertod erlitt. Die Darstellung dieses Heiligen, angebunden

Darstellung des St.Sebastian

an einen Baum oder Pfahl und von Pfeilen durchbohrt, ist allgemein bekannt. Durch die Wahl eines Heiligen als Schutzherren wird deutlich, dass die ersten Schützengesellschaften vielfach unter dem Einfluss der Kirche standen.

Ein Schütze hatte auch die Verpflichtung zur Erfüllung religiöser und karitativer Pflichten. So stellte bei kirchlichen Ereignissen wie Prozessionen die Schützengilde das Ehrengeleit. Auf dem im Jahr 1651 neu angefertigten Fahnenbanner wurden in Verbindung mit dem Dülmener Stadtwappen die lateinischen Worte „Pro Deo et Patria“ aufgestickt, was wörtlich „Für Gott und Vaterland“ bedeutet.

Im 17. Jahrhundert wurde Westfalen durch den Dreißigjährigen Krieg besonders in Mitleidenschaft gezogen. Durchziehende Truppenteile verschiedenster Gruppierungen hinterließen mit üblichen Überfällen, Gräueltaten und Plünderungen auch in Dülmen ihre Spuren. Obwohl von der Stadt zur Bewachung und Verteidigung Bürger eingesetzt und zusätzlich Söldner angeworben wurden, konnte Dülmen den Angriffen im Jahr 1623 keinen nennenswerten Widerstand entgegenbringen. Die Stadt musste sich ergeben.

Hessische Truppenteile besetzten Dülmen 1633 ungehindert, und begannen mit dem Abriss der Festungswerke. Bis zum Ende des Krieges zogen marodierende Söldner durch das gesamte Münsterland und verbreiteten auch bei der Landbevölkerung Angst und Schrecken. Um der permanenten Bedrohung Herr zu werden, entschlossen sich im Jahr 1645 die Männer von Hiddingsel zur Gründung einer Verteidigungsgemeinschaft. Hiermit legten sie den Grundstein für eine bis in die Gegenwart erhaltene Schützentradition.

Andere Ansiedlungen folgten diesem Beispiel. Der Selbstschutz war das einzige Mittel, um gegen räuberische und sich selbst versorgende Söldner vorzugehen; die kriegführenden Parteien hatten längst jede Macht über die marodierenden Truppenteile verloren. Nach Abschluss des Westfälischen Friedens von Münster und Osnabrück im Jahre 1648 wurde der unselige Dreißigjährige Krieg beendet.

Um 1650 erfolgte im ganzen Land eine Neuorganisation des Schützenwesens. Als besonderer Förderer trat im Münsterland Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen auf. Während seiner Amtszeit von 1650 – 1678 kann man im gesamten Fürstbistum Münster eine Zunahme von Schützengesellschaften feststellen.

Auch in Dülmen wurde nach dem endgültigen Abzug der hessischen Besatzungstruppen im Jahr 1651 die Schützentradition neu belebt.So konnte die Stadt „auf Befehl hochfürstlicher Herren Beamten und Herren Bürgermeister und Rat“ mit 80 von rund ehemals 300 Schützen an die alte Tradition anknüpfen und ein Fest mit Vogelschießen organisieren. Ebenfalls in das 17.Jahrhundert fällt die Gründung der Schützengesellschaften Mitwick-Weddern und St.Johanni Buldern.

Darstellung eines Schützenfestes im 17. Jahrhundert auf der Dresdener Vogelwiese. In der Mitte ist die Vogelstange errichtet, links stehen die damals üblichen Zelte

Im 18. Jahrhundert kam durch neue Kriegwirren das Schützenwesen von Stadt und Umland nahezu zum Erliegen. Die Schuldenlast Dülmens, die noch aus dem Dreißigjährigen Krieg stammte, ließ Übungsschiessen oder gesellige Veranstaltungen der Schützengesellschaft in der ersten Hälfte des Jahrhunderts nicht zu. In diese Zeitspanne fällt 1748 die Gründung einer Schützengemeinschaft in Merfeld.

Bei Beginn des 19. Jahrhunderts waren die alten Festungswälle und Festungsgräben im Vorland der Stadt eingeebnet. Die alten Befestigungsanlagen Dülmens bestanden bis auf wenige Reste nicht mehr. Bereits in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts zogen erneut fremde Truppen in das Münsterland. Die Französische Armee unter Napoleon besetzte die westfälischen Städte und Ländereien. Aus Angst vor bewaffnetem Widerstand der Bevölkerung wurden die Schützengemeinschaften aufgelöst.

Die alte Dülmener Schützengesellschaft bekam von der fremden Obrigkeit die Erlaubnis, am 2. Juni 1811 ein letztes Scheibenschiessen zu veranstalten. Der beste Schütze erhielt als Preis einen silbernen Löffel und 10 Taler. Nach diesem Treffen wurde die im 16. Jahrhundert gegründete Schützenbruderschaft aufgelöst. Die Befreiung des Reichsgebietes durch den Sturz Napoleons, führte zu einer Wiederbelebung der Schützengemeinschaften im gesamten Münsterland.

In der Stadt bildete sich 1825 ein neuer Schützenverein, ein Verein der „rieken Lüde“, der bis 1910 alljährlich seine Feste mit Königsschießen und Königskette an der „Großen Teichsmühle“ feierte. 1826 entstand aus der gesamten Bürgerschaft heraus eine „Junggesellen- Schützengesellschaft“, die nicht in jedem Jahr, sondern oft mit mehrjähriger Unterbrechung ihre Schützenkönige bestimmte.

Auch ein „Allgemeiner Bürgerschützenverein“, den 1867 sowohl Junioren wie Senioren der Stadtbevölkerung bildeten, geriet wie die Junggesellen- Schützengesellschaft mehrmals in organisatorische Schwierigkeiten; die Feste fanden nur in unregelmäßigen Abständen statt. Erst seit 1890 führte dieser Verein – abgesehen vom Ersten und Zweiten Weltkrieg, und wenn es die Zeitumstände erlaubten – zumeist im Anfang des August ein zweitägiges Fest mit Vogel- und Sternschießen durch. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts änderten sich die Ziele und Aufgaben der Schützengemeinschaft vollständig. Nicht der Schutz der Heimat war die Hauptaufgabe, vielmehr kamen Frohsinn und Geselligkeit immer mehr zum Tragen.

Das 20. Jahrhundert brachte den westfälischen Schützenvereinen die Aufgabenwende. Im Deutschen Kaiserreich war ein stehendes Heer für den gemeinschaftlichen Schutz von Land und Bürgern zuständig. Hauptanliegen der Schützengesellschaften in Stadt und Umfeld Dülmens waren die Verbundenheit zur Heimat sowie die Pflege der Kameradschaft und des Gemeinschaftssinnes.

Die Zeit während des Ersten Weltkrieges und die Nachkriegsjahre bis 1923 war geprägt durch Sorge und Not, durch Inflation und Arbeitslosigkeit im ganzen Land. Die Hinwendung der Bevölkerung zum Brauchtum, das Festhalten an Nachbarschaften und der sprichwörtliche Gemeinschaftsgeist trugen schließlich zur Gründung weiterer Dülmener Schützenbruderschaften bei.

Franz Göllmann

Im Jahre 1928 wurden die ersten Überlegungen über die Gründung unseres Schützenvereines angestellt. Diesen Entschluss fassten Alfons Hülk, Bernhard Ladberg und Franz Göllmann während eines geselligen Beisammenseins in der Gaststätte Masthoff. Auf die Initiative von Alfons Hülk hin traf man sich in der Folgezeit häufiger, um dieses Vorhaben zu verwirklichen.


Alfons Hülk

Bernhard Ladberg

Schon bald wurden die Bürger der alten Weidegemeinschaft Kohvedel zu einer ersten Versammlung, die von Alfons Hülk geleitet wurde, eingeladen. Bei der Namensfindung war es eine Selbstverständlichkeit, dass man dem Verein, resultierend aus dem Begriff „Alte Weidegemeinschaft Kohvedel“, den Namen „Schützenverein Kohvedel“ gab. Auch die Grenzen der alten Weidegemeinschaft wurden vom Schützenverein übernommen.

 

Die Grenzen der Weidegemeinschaft „Kohvedel“ waren:
Die rechte Seite der Marktgasse, die Overbergstrasse bis zur Borkener Strasse, der Grenzweg bis zur Bischof-Ketteler-Strasse, ferner die Straßen „An den Wiesen“ und die Viktorstrasse sowie der Marktplatz. Diesen Bezirk hat der Schützenverein Kohvedel e.V. bis heute beibehalten.

Der neu gegründete Verein stellte sich gleichzeitig die Aufgabe, die althergebrachte Tradition der Kohvedeler Straßengemeinschaft zu erhalten und in ihr Eintracht, Frohsinn und Geselligkeit zu fördern und zu pflegen, sowie den Heimatbrauch und die Heimatart zu wahren.

Dem Wunsch einer Vereinsgründung waren einige Jahre vorher das „Münstersträßer Stadtviertel“ mit dem Schützenvereins Pluggendorf gefolgt. 1930 folgte das sogenannte „Siegenvedel“ zwischen Overbergstraße und Halterner Straße. Dieser Stadtteil feiert fortan als „Nieströter- Schützenverein“ sein Fest.

Die neuen Dülmener Schützenvereine führen demnach ihren gemeinsamen Ursprung auf die früheren Straßengemeinschaften in der Stadt zurück. Dies bedeutete „einen bewussten Rückgriff auf eine ehemals bestandene Gemeinschaft in der guten alten Zeit“. Seit dieser Zeit spricht man bei den „Kohvedelern“, den „Pluggendorfern“ und den „Nieströtern“ von den sogenannten „Straßenvereinen“.

Statt Vollbeschäftigung gab es während der sogenannten Blütezeit der Jahre 1924 – 1929 ein Quote von mehr als 1 Million Arbeitsloser. Bei einer länger anhaltenden wirtschaftlichen Stabilität wäre eine dauerhafte Beruhigung des innenpolitischen Lebens der Nation sicherlich eingetreten. Die Erwerbslosen fielen in großer Zahl radikalen Parteien der Linken und Rechten zu.

In das Jahr 1929 fällt in Dülmen ein unerfreuliches Ereignis während eines Schützenfestes, dass für den damaligen Zustand der Weimarer Republik kennzeichnend war. Während des Bürgerschützenfestes, am 4. August kam es am Abend durch kommunistische Demonstranten aus dem Ruhrgebiet zu massiven Übergriffen auf den Schützenzug; die Demonstration war eigentlich gegen die örtliche NSDAP gerichtet.

Anfang 1932 brach die Wirtschaft innerhalb einer weltweiten Krise zusammen. Die Zahl von sechs Millionen Arbeitslosen wurde überschritten. Unter der Auswirkung der Weltwirtschaftkrise verzichteten auch die Dülmener Vereine auf die Abhaltung von Festen. Im Jahre 1933 begann das düsterste Kapitel des 20. Jahrhunderts. Starke Kreise in Politik und Wirtschaft, die ein Regime ohne parlamentarische Kontrolle wünschten, hatten sich geeinigt und erzwangen in den hektischen Monaten vor dem 30. Januar 1933 im Zusammen- und Gegeneinanderspiel das Ende der Weimarer Republik.

In den Monaten Februar bis Juli der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ des Jahres 1933 kam es zu einer „Gleichschaltung“ innerhalb des gesamten öffentlichen Lebens, d.h. zur Unterwerfung unter den Willen und die Kontrolle der NSDAP. Mit Drohungen und Gewalt wurde das „Führerprinzip“ durchgesetzt. Dieses Prinzip bedeutete: keine Regierungsbildung durch Wahlen von unten her, sondern Einsetzung verdienter Parteigenossen von oben her auf allen Verwaltungs- und Ordnungsebenen durch den Führer der NSDAP. Propagiertes Ziel war die „Volksgemeinschaft“ ohne soziale Unterschiede.

Für die vier Dülmener Schützenvereine Kohvedel, Bürgerschützen, Nieströter und Pluggendorf begann eine schwierige Zeit. Bereits im Frühjahr drängte der Ortsgruppenleiter der NSDAP die Schützengemeinschaften zum Zusammenschluss. Nach Tagungen der einzelnen Vereine im März / April 1933 wurde dieses Ansinnen gemeinsam abgelehnt.

Im Herbst 1934 wurde ein zweiter massiver Versuch zum Zusammenschluss der eigenständigen Vereine unter der Oberhoheit der NSDAP unternommen. Vom 1. – 3. September feierte man ein von der Partei angeordnetes und organisiertes Schützenfest mit einem Zelt auf dem Overbergplatz und ungewöhnlichem Jahrmarktrummel. Den achtköpfigen Thron stellte, wie erwartet kein Dülmener Bürger, sondern ein aktiver Parteigenosse von außerhalb aus „Gleichgesinnten“ zusammen. Die etablierten Schützenvereine traten auf diesem erzwungenen Fest als solche nicht erkennbar auf.

In den Jahren 1935 – 1938 fanden, nach dem missglückten Versuch der NSDAP ein einziges Fest im Stadtgebiet zu feiern, in Dülmen wieder Schützenfeste der vier Vereine statt. Diese Duldung durch die Ortgruppe der Partei war nur durch die Einladung lokaler „Hoheitsträger“, wie zum. Beispiel des Ortsgruppenleiters und anderer Parteigenossen, als Abordnungen zu den einzelnen Festen möglich.

Doch zeichnete sich schon ab Januar 1936 eine neue Belastungsprobe für die Vereine ab. Überall im Reich wurden die Schützenvereine aufgelöst, sofern sie nicht dem Deutschen Schützenbund – für das Münsterland war der Gau Dortmund zuständig- beitraten. Als letzte Frist galt der 31. März 1936. Eine Informationsveranstaltung zum Übertritt in den Bund fand am 15.03.1936 in Dortmund vor Hunderten von Vereinsvertretern statt. Anscheinend traten alle Dülmener Schützenvereine notgedrungen noch im März dem Deutschen Schützenbund bei.

Die Gängelung der eigenständigen Schützenvereine durch den Gau Dortmund zeichnete sich bereits Ende Juni 1936 ab. Die Auflage aller Vereine bestand in der Aufstellung einer Schützenriege, mit dem Ziel des intensiven und regelmäßigen Schießens. Diese Pflicht hatte jeder Verein im Bund mindestens zu erfüllen. Des weiteren verbot der Reichssportführer von Tschammer und Osten am 27. Juli 1936 das Feiern von Schützenfesten während der Dauer der Sommerolympiade in Berlin – einzige Ausnahme: das Fest musste bereits am 28.07.1936 eröffnet worden sein. Ein geschickter Schachzug der Bürgerschützen, das jährliche Fest noch am selben Tage, also am 28. Juli zu eröffnen, ermöglichte das Feiern ihres Festes.

Die mehrfachen Versuche einer Gleichschaltung der Schützenvereine gipfelten am 1.Februar 1939 in der Anordnung des damaligen Dülmener Bürgermeisters, die vier Vereine und den Schießverein Horrido zum „Allgemeinen Bürgerschützenverein von 1551 e.V. Dülmen“ zusammenzulegen.

Im März 1939 fand die erste, konstituierende Sitzung unter dem Vorsitz des Dülmener Führungsringes der NSDAP – des Bürgermeister und den beiden Ortsgruppenleiter – statt. Die Anwesenheit der „Führer“ der ursprünglichen Vereine hatten mehr kosmetischen Charakter. Die Aufgabe des neuen Vereins wurde wie folgt, definiert : „Pflege des wehrpolitischen Gedankens, der Tradition und der Kameradschaft“. Die örtliche NSDAP- Führung sah im Zusammenschluss der Vereine „einen Vorgang von volkspolitischer Bedeutung im Sinne des sozialen Ausgleichs, und dass es gelingen werde, gemeinsam die alte Tradition des Schützenwesens im Sinne der nationalsozialistischen Staatsführung und Weltanschauung zum Ansehen zu bringen“.

Der Schützenverein Kohvedel feierte bereits 1937 sein letztes Schützenfest vor dem Zweiten Weltkrieg. Das damalige Königspaar waren Alfons Hülk und Maria Kaute. Auf besonderen Wunsch dieses Königspaares wurde eine neue Vereinsfahne bestellt, die Schwestern des Emmerick- Hauses anfertigten. Während des Krieges und in der Nachkriegszeit bis einschließlich 1949 ruhte das Vereinsleben vom Kohvedel.

Nach dem Kriege versammelten sich Vorstand und Offizierskorps erstmals wieder am 29.Juni 1950. Unter dem Motto „Das Kohvedel darf nicht untergehen“ sprach sich der noch residierende König Alfons Hülk für eine Mobilmachung des Schützenvereins Kohvedel aus. Leider hatten Vereinsfahne und Königsketten den Krieg und die Zerstörung Dülmens nicht überstanden. Unser Symbol, das Horn des Kuhhirten und die Hellebarden dagegen konnten schwer beschädigt geborgen werden. Die Mitglieder Schreinermeister Heinrich Preun und Schlossermeister Theo Rasch übernahmen die Aufgabe, das wertvolle Vereinseigentum zu restaurieren. Unter fachkundiger Hand wurden das Horn und die Paradewaffen in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt.

Schützenfest in den 60iger Jahren; Einmarsch von Fahne und Insignien auf dem Overbergplatz

Schützenfest in den 60iger Jahren; Einmarsch von Fahne und Insignien auf dem Overbergplatz

Nach dreizehnjähriger Pause rief Alfons Hülk zu einer General-versammlung auf, die bei reger Beteiligung in der Wirtschaft Göllmann abgehalten wurde. Unter dem Vorsitz von Johannes Mölleck wurde der Beschluss gefasst, noch im selben Jahr ein Schützenfest zu feiern. Als dann am 10.09.1950 in den frühen Morgenstunden die ersten Salutschüsse abgefeuert wurden, freuten sich alle Kohvedeler über den Beginn einer neuen Epoche.

Schützenfest in den 60iger Jahren; Begrüßungsansprache durch den General auf dem Overbergplatz

Im Rahmen dieses Schützenfestes wurden die neu angeschaffte Königskette und die Vereinsfahne durch Dechant Dümpelmann in der Viktorkirche geweiht. Nach Abschluss des Festes, das für alle Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis war, befürworteten auch die letzten Skeptiker die jährliche Wiederholung des Schützenfestes. Heute, nach über 85 Jahren Kohvedel, ist das Schützenfest der gesellige Höhepunkt unseres Vereins.

In der Regel wird vier Tage lang gefeiert. Damenkaffee, Schützenmesse, Festumzug, Vogelschießen, Festball und Frühschoppen sind nicht wegzudenkende Ereignisse während des jährlichen Festes, die gerne von allen Mitgliedern, Freunden und Gästen des Kohvedels besucht werden.

Fahnenschlag in den 60er Jahren

Das Dülmener Schützenwesen kann damit auf eine fast 700jährige Geschichte zurückblicken. Es ist eine Zeitspanne, in der sich Aufgaben grundlegend wandelten, in der Werte gefunden wurden und wieder verfielen. Was bleibt, und allen Dülmener Schützenvereinen gemeinsam ist, ist die Liebe zur Heimat sowie die Erhaltung von westfälischem Brauchtum und die Pflege der Kameradschaft untereinander.